Sterbefasten

Auf einen Blick

  • Sterbefasten ist der umgangssprachliche Begriff für „freiwilliger Verzicht auf Essen und Trinken“ (FVET) oder „freiwilliger Verzicht auf Nahrung und Flüssigkeit“ (FVNF)
  • Sterbefasten ist der freiwillige und bewusste Entschluss einer entscheidungsfähigen Person auf Essen und Trinken zu verzichten, um den Tod frühzeitig herbeizuführen, weil sie unerträglich anhaltend leidet
  • Beim Sterbefasten kann entweder auf Essen oder auf Essen und Trinken verzichtet werden. Dadurch wird die Dauer des Prozesses beeinflusst.
  • Sterbefasten darf ärztlich und pflegerisch durch Dritte (z.B. Palliativärzte, Pflegepersonal, Angehörige) begleitet werden

Hinweis: Die Informationen dieses Fachtextes können und sollen eine ärztliche Meinung nicht ersetzen und dürfen nicht zur Selbstdiagnostik oder -behandlung verwendet werden.

Was ist Sterbefasten?

Das Sterbefasten wird in Fachkreisen „freiwilliger Verzicht auf Essen und Trinken“ (FVET) oder freiwilliger Verzicht auf Nahrung und Flüssigkeit (FVNF) genannt. Dabei ist berücksichtigt, dass nicht nur das Essen, sondern auch das Trinken eingestellt wird. Das Ziel von FVET (Sterbefasten, FVNF) ist es, den frühzeitigen Tod durch den Verzicht auf Essen und Trinken herbeizuführen.

Es handelt sich um FVET (Sterbefasten, FVNF), wenn die betroffene Person:

  • bewusst auf Essen und Trinken verzichtet (obwohl sie es noch kann), weil sie unerträglich anhaltend leidet
  • freiverantwortlich handelt: sich bewusst und ohne Zwang für FVET (Sterbefasten, FVNF) entscheidet
  • entscheidungsfähig ist: sie versteht die Bedeutung und Folgen ihres Handelns, kann selbstbestimmt entscheiden und handelt entsprechend

Gut zu wissen: entscheidet man sich für den freiwilligen Verzicht auf Essen und Trinken mit der Absicht des frühzeitigen Todes, empfiehlt es sich dies in einer Verfügung festzulegen. So können auch Maßnahmen festgelegt werden für den Fall, dass eine Bewusstlosigkeit eintritt (z.B. Verzicht auf Wiederbelebungsmaßnahmen).

Wie lange dauert das Sterbefasten?

Je nachdem, auf was verzichtet wird, gibt es Unterschiede in der Lebenserwartung:

  • beim vollständigen Verzicht auf Essen und Trinken: 3-7 Tage, selten länger
  • beim alleinigen Verzicht auf Essen, nicht auf Trinken: 4-6 Wochen

Allerdings gibt es einige Faktoren, die die Lebenserwartung beeinflussen können:

  • Der Ernährungszustand (kurz EZ, dabei werden unter anderem Konstitution, Gewicht und Größe berücksichtigt)
  • Hydrationsstatus (Flüssigkeitshaushalt, Versorgung des Körpers mit Flüssigkeit)
  • Bereits vorliegende Funktionsstörungen in verschiedenen Organen, wie Herz, Lunge oder Niere
  • Vorliegen von Fieber oder Infekten
  • Bei vorhandener Grunderkrankung, Krankheitsfortschritt

Damit ist FVET (Sterbefasten, FVNF) kein abrupter Tod, sondern geschieht innerhalb eines nicht frei bestimmbaren Zeitraumes.

Achtung: es besteht anfänglich noch die Möglichkeit FVET (Sterbefasten, FVNF) abzubrechen, also Essen und Trinken wieder aufzunehmen.

Was passiert beim Sterbefasten?

Bei FVET (Sterbefasten, FVNF) wird auf Essen und Trinken oder nur auf Essen verzichtet. Bezogen aufs Trinken bedeutet dies, dass die Person weniger als 50 ml pro Tag zu sich nimmt, z.B. für die Medikamenteneinnahme und die Mundbefeuchtung.

Durch den konsequenten Verzicht aufs Trinken, wird ein Nierenversagen herbeigeführt. Das bedeutet, die Niere stellt nach und nach ihre Funktion ein, weil Giftstoffe im Körper nicht mehr ausgeschieden werden können. Die Niere hat die Aufgabe das Blut zu reinigen und ist damit lebenswichtig.

Funktioniert die Niere nicht mehr, kommt es zum Organversagen. Da auch das Gehirn nicht mehr ausreichend mit Sauerstoff versorgt wird, kommt es zu einem verringerten Bewusstsein bis hin zur Bewusstlosigkeit. Es laufen bei FVET (Sterbefasten, FVNF) dieselben körperlichen Vorgänge ab, wie bei einem natürlichen Tod. Daher kann FVET (Sterbefasten, FVNF) in der Todesbescheinigung auch als natürlicher Tod eingetragen werden.

Ob auf Essen oder Essen und Trinken verzichtet wird und in welchem Umfang und welcher Form noch Flüssigkeit aufgenommen wird, entscheidet der Patient selbst. Ein Behandlungsteam kann dem Patienten Informationen bereitstellen, wie der zeitliche Verlauf und die möglichen Symptome und Komplikationen je nach gewählter Form ausfallen können.

Achtung: der Prozess von FVET (Sterbefasten, FVNF) kann für begleitende Angehörige belastend sein. Wichtig ist, dass in Gesprächen alle Fragen geklärt sind und Angehörige wissen, was auf sie zukommt. Unterstützung durch ein palliatives Behandlungsteam kann hierbei helfen.

Was sind Symptome und Komplikationen beim Sterbefasten?

Der freiwillige Verzicht auf Essen und Trinken kann verschiedene Symptome und Komplikationen mit sich bringen:

  • Mundtrockenheit: durch Mundtrockenheit wird das Durstgefühl ausgelöst. Dieses kann durch eine gute Mundpflege gelindert oder sogar verhindert werden.
  • Verwirrtheit: durch die Abnahme des Bewusstseins, kann es zu Verwirrtheit (Delir) kommen. In diesem Fall kann es sein, dass der Patient Medikamente zur Linderung erhält. Allerdings kann auch Flüssigkeit helfen. Ob dies jedoch gewünscht wird, sollte vorher in einer Verfügung festgehalten werden.
  • Umgang mit geäußerten Wünschen nach Essen und Trinken: es sollte im Vorhinein festgelegt werden, ob und in welchem Umfang dem Patienten weiterhin Essen und Trinken angeboten werden sollen. Unsicherheiten wegen geäußerter Wünsche nach Essen und Trinken müssen ernstgenommen und mit dem Patienten abgeklärt werden.

Eine Behandlung des Hungergefühls ist in der Regel nicht notwendig. Es verschwindet meist nach mehreren Tagen von selbst. Weiterhin kann sich das Risiko für eine Sturzgefahr wegen der zunehmenden Schwäche des Patienten erhöhen. Hier können Vorkehrungen getroffen werden.

Achtung: gegebenenfalls müssen die Medikamente angepasst werden bei FVET (Sterbefasten, FVNF).

Wer kann Sterbefasten machen?

Meist entschließen sich Patienten zu FVET (Sterbefasten, FVNF), die eine lebenslimitierende oder lebensbedrohliche Erkrankung haben.

Es gibt aber ebenfalls Menschen, die hochbetagt, aber ohne schwere Erkrankung sind und sich für FVET (Sterbefasten, FVNF) entscheiden. Beide Gruppen sind zu unterscheiden und auch unterschiedlich zu bewerten, zum Beispiel hinsichtlich ethischer Fragestellungen.

Gut zu wissen: ob ein Patient „unerträglich leidet“, sei es körperliches oder existentielles psychisches Leiden, bestimmt der Patient. Es wird nicht von außen, z.B. durch Behandelnde, gemessen oder beurteilt.

Ist Sterbefasten erlaubt?

FVET (Sterbefasten, FVNF) ist eine selbstbestimmte Entscheidung das Sterben zu beschleunigen aufgrund von unerträglichem anhaltendem Leiden. Rechtlich bestehen die Rahmenbedingungen für FVET (Sterbefasten, FVNF), da laut Urteil des Bundesverfassungsgerichts zur Sterbehilfe von 2020, das Persönlichkeitsrecht auch ein „Recht auf selbstbestimmtes Sterben umfasst“.

Laut der Deutschen Gesellschaft für Palliativmedizin (DGP) fällt FVET (Sterbefasten, FVNF) weder in den Bereich des Suizids noch in den des Behandlungsabbruchs (da Essen und Trinken keine medizinische Behandlungsmaßnahme darstellen), sondern bildet eine eigene Kategorie. Diese Unterscheidung ist in Diskussionen zur ärztlichen Unterstützung von FVET (Sterbefasten, FVNF) wichtig.

Gut zu wissen: die ärztliche Begleitung des FVET (Sterbefasten, FVNF) und die Begleitung durch Angehörige und Pflegende ist straffrei.

Was ist KEIN Sterbefasten?

Es handelt sich nicht um FVET (Sterbefasten, FVNF), wenn:

  • die Person sterbend ist und deshalb Essen und Trinken einstellt. Dies ist ein natürlicher Prozess
  • eine fortgeschrittene Erkrankung mit Symptomen wie Appetitmangel, Übelkeit oder Erbrechen einhergeht und deshalb vom Patienten gemieden wird. Ziel ist nämlich in diesem Fall, die Belastungen zu vermeiden, die mit Essen und Trinken verbunden sind
  • künstliche Ernährung (z.B. durch eine Sonde) beendet wird oder wenn darauf verzichtet wird, dabei handelt es sich um einen Behandlungsabbruch oder -verzicht
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Zuletzt geändert am: 17.01.2024
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Bundesverfassungsgericht (2020) Pressemitteilung: Verbot der geschäftsmäßigen Förderung der Selbsttötung verfassungswidrig. https://www.bundesverfassungsgericht.de/SharedDocs/Pressemitteilungen/DE/2020/bvg20-012.html; Letzter Abruf: 17.11.2023

Conradi, B. (2022) Nichts essen und trinken bis in den Tod. In: Deutschlandfunk Kultur. https://www.deutschlandfunkkultur.de/selbstbestimmtes-sterben-nichts-essen-und-trinken-bis-in-100.html; Letzter Abruf: 17.11.2023

Deutsche Gesellschaft für Palliativmedizin (2019) Positionspapier der Deutschen Gesellschaft für Palliativmedizin zum freiwilligen Verzicht auf Essen und Trinken. https://www.dgpalliativmedizin.de/phocadownload/stellungnahmen/DGP_Positionspapier_Freiwilliger_Verzicht_auf_Essen_und_Trinken%20.pdf; Letzter Abruf: 16.11.2023

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