Therapiemöglichkeiten bei Lungenkrebs (Bronchialkarzinom)

Auf einen Blick

  • Art des Lungenkrebses (nicht-kleinzellig oder kleinzellig) bestimmt die Wahl der Therapie
  • Zusätzliche Faktoren:  Alter, allgemeiner Gesundheitszustand, Vorerkrankungen der Lunge und des Herzens

Hinweis: Die Informationen dieses Fachtextes können und sollen eine ärztliche Meinung nicht ersetzen und dürfen nicht zur Selbstdiagnostik oder -behandlung verwendet werden.

Welche Therapiemöglichkeiten gibt es?

Wichtig zu wissen: Die Art des Lungenkrebses bestimmt die Wahl der Therapie: Ob er nicht-kleinzellig oder kleinzellig ist und in welchem Stadium seiner Entwicklung er sich befindet. Nachdem die Behandlung die Lungenfunktion beeinträchtigen kann, ist es notwendig, das Alter, den allgemeinen Gesundheitszustand, Vorerkrankungen der Lunge und des Herzens mit in Betracht zu ziehen.

Therapie von nicht- kleinzelligen Bronchialkarzinomen (NSCLC)

Nicht-kleinzellige Lungenkarzinome werden sowohl örtlich mit lokal wirksamen (Operation, Strahlentherapie) als auch im gesamten Körper, also systemisch wirkende Therapien (Chemotherapie, zielgerichtete Therapie, Immuntherapie) behandelt. Meist werden die Behandlungsmethoden kombiniert angewandt.

Beim nichtkleinzelligen BC (NSCLC) unterscheidet man im Wesentlichen drei histologische Subtypen:

  • Adeno-Ca (mit Neigung zu Fernmetastasierung)
  • Plattenepithel-Ca (PE-Ca) mit bevorzugter LK-Metastasierung
  • Großzelliges Ca

Auch die Therapie des NSCLC erfolgt stadienabhängig. Bis zu einem Stadium IIIA (Tumorgröße bis 7cm), N2 (ipsilaterale= gleichseitige mediastinale LK ) kann potenziell radikal operiert werden, wobei ab T2 eine adjuvante Chemotherapie (in der Regel Carboplatin/Taxol) angeschlossen wird. In höheren Stadien erfolgt die möglichst simultane Radiochemotherapie.

Im metastasierten Stadium ist die molekularpathologische Differenzierung des Tumors  bezüglich der sogenannten Treibermutationen unerlässlich (EGFR, EML-ALK, ROS1, PD-L1, MET und weitere). Heutzutage nutzt man bevorzugt eine sogenannten Panel-Diagnostik, wobei eine Vielzahl an Genveränderungen  in einem Schritt untersucht wird. EGFR und EML-ALK sind die wichtigsten Genmutationen, da es zielgerichtete hocheffektive Medikamente dagegen gibt. Werden keine Treibermutationen gefunden , erfolgt die konventionelle zytotoxische Polychemotherapie, beim Adeno-Ca vorzugsweise Cisplatin/Pemetrexet (Alimta), ggf. in Kombination mit Avastin, beim PE-Ca. vorzugsweise Cisplatin/Gemcitabin. Beim PE-Ca. ist Avastin kontraindiziert. Eine VEGF-wirksame Alternative ohne Einschränkung wäre das Ramucirumab (Cyramaza) oder das Nintedanib (Vargatef) in Kombination mit Docetaxel. Speziell beim PE-NSCLC ist in erster Linie eine Kombination von Necitumumab(Portrazza), einem EGFR-Inhibitor, mit Cisplatin/Gemcitabin zugelassen. Weitere effektive Zytostatika sind Carboplatin, Taxane, Vinorelbin und andere.

Beim Vorliegen sog. Treibermutationen stehen bei der EGFR-Mutation

  • Gefitinib (Iressa)
  • Erlotinib (Tarveva) auch in Kombination mit Avastin
  • Afatinib (Giotrif)
  • Dacomitinib (Vizimbro)

zur Verfügung. Giotrif und Vizimbro haben einen speziellen Effekt auf die L858R-Mutation.

Alle diese Medikamente sind allerdings wenig effektiv bei der T790M-Mutation, die sich als Resistenzmutation entwickeln kann. Hier durchbricht  Osimertinib (Tagrisso) allein die Resistenz, so dass nach neuer Studienlage der primäre Einsatz von Tagrisso empfohlen wird. Die T790M-Muation kann aus dem Blut durch die sogenannte "liquid biopsy" bestimmt werden.

Bei der EML-ALK- Mutation stehen therapeutisch zur Verfügung:

  • Crizotinib (Xalkori)    1.Linie
  • Ceritinib (Zykadia)     2.Linie
  • Alectinib (Alecensa)  1+2.Linie
  • Brigatinib (Alunbrig)  2+3.Linie
  • Lorlatinib (Lorviqua)  2+3.Linie
     

Eine weitere elementare Therapieschiene ist die Immun(chemo)therapie. Bei hoher PD-L1-Expression >50% erfolgt die alleinige Gabe von Pembrolizumab (Keytruda). Bei PD-L1-Expression 1-49%  gibt es verschiedene Alternativen, in der Regel in Kombination mit Chemotherapie  (Carboplatin/Taxan) :

  • Nivolumab (Opdivo) +/- Ipilimumab (Yervoy)
  • Pembrolizumab  (Keytruda)
  • Atezolizumab (Tecentriq) +/- Avastin
  • Durvalumab (Imfinzi) als Erhaltungstherapie nach Platintherapie im Std. III des NSCLC
  • Bei Opdivo besteht keine klare Korrelation zur PD-L1-Expression, so dass auch ein Einsatz
  • bei PD-L1 < 1% möglich ist.
  • Bei ca. 30% der Patienten führt die Immun(chemo)therapie mit Immunerhaltung zu einer Langzeitstabilisierung ( „tail of curve“)

Insbesondere bei jungen Patienten und Nichtrauchern sollte bei nicht auffindbarer Treibermutation eine Vorstellung im molekularen Tumorboard erfolgen, um nach seltenen Mutationen (NTRK, MET, RET, BRAF, PI3K ua) zu suchen, die selten noch eine target-Therapie ermöglichen.

Wichtig zu wissen: Aufgrund der Komplexität der Therapie mit einer Vielzahl an therapeutischen Möglichkeiten mit teilweise lebensgefährlichen Nebenwirkungen sind hohe Ansprüche an das Fachwissen des Behandlers zu stellen. Empfehlenswert ist die Vorstellung im interdisziplinären Tumorboard.

Therapie von kleinzelligen Bronchialkarzinomen (SCLC)

Das kleinzellige Lungenkarzinom entwickelt sich im Gegensatz zum nicht-kleinzelligen Karzinom schnell und lässt frühzeitig Tochtergeschwülste in anderen Organen entstehen. Die Therapieformen werden individuell auf den Patienten, beruhend auf dem Krankheitsstadium Alter, Allgemeinzustand und möglichen Vorerkrankungen abgestimmt. Da sich die Forschung sich stetig weiterentwickelt, ist es ratsam, Patienten in klinischen Studien zu behandeln.

Die Therapie des kleinzelligen Bronialkarzinoms (SCLC = Small Cell Lung Cancer) unterscheidet sich grundlegend von der Therapie des nichtkleinzelligen Bronchialkarzinoms (NSCLC= Non Small Cell Lung Cancer). Das kleinzellige Bronchialkarzinom ist gekennzeichnet durch eine schnelle Streuung, d.h. frühe hämatogene Metastasierung und rasche Therapieresistenz mit kurzer Überlebenszeit. Die Stadieneinteilung erfolgt nach dem TNM-System:

  • T= Tumorgröße
  • N= Lymphknoten-Befall
  • M= Metastasierung

Das seltenere kleinzellige Bronchialkarzinom wird eingeteilt in ein limitiertes (Limited Disease) und ein expansives (Extended Disease) Stadium, in dem keine Operabilität mehr gegeben ist. Im limitierten Stadium T1 (bis 3 cm) und T2 (3 bis 5 cm) N0-1 ist noch eine primäre radikale OP möglich, wobei ab einer Tumorgröße von 3 cm eine adjuvante Chemotherapie (in der Regel 6  Cyclen Carboplatin / Etoposid) angeschlossen wird. In den höheren Stadien T3 und T4 N0-1 wird eine möglichst simultane Radiochemotherapie vorgenommen, im speziellen Einzelfall mit einer nachfolgenden Resektion eines Residualtumors.

Wichtig zu wissen: Bei der limitierten Erkrankung sollte eine prophylaktische Ganzhirnbestrahlung erfolgen. Im metastasierten Stadium greift die palliative Chemotherapie, in erster Linie Carboplatin / Etoposid, in zweiter Line das ACO / EpiCO-Protokoll. Eine neue Alternative bietet die Immunchemotherapie mit Atezolizumab (Trecentriq) in Kombination mit Chemotherapie. In der Regel spricht das kleinzellige Bronchialkarzinom initial gut auf die Chemotherapie an, nicht selten mit einer klinischen Vollremission. Nach wenigen Monaten aber rezidiviert die Erkrankung mit schlechter Chemosensibilität. Im metastasierten Stadium ist die Schädelbestrahlung abhängig von einem Tumorbefall.

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Zuletzt geändert am: 29.08.2022
Autor
Expertengremium Onkologie

Hauptautor: Dr.med. Wolfgang Abenhardt - Facharzt für Hämatologie und Onkologie

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Deutsche Gesellschaft für Hämatologie und Medizinische Onkologie e.V. (2019) Lungenkarzinom, kleinzellig (SCLC). In: Onkopedia. https://www.onkopedia.com/de/onkopedia/guidelines/lungenkarzinom-kleinzellig-sclc/@@view/html/index.html; Letzter Abruf: 04.05.2021

Deutsche Gesellschaft für Hämatologie und Medizinische Onkologie e.V. (2019) Lungenkarzinom, nicht-kleinzellig (NSCLC). In: Onkopedia. https://www.onkopedia.com/de/onkopedia/guidelines/lungenkarzinom-nicht-kleinzellig-nsclc/@@view/html/index.html; Letzter Abruf: 04.05.2021

Deutsche Krebsgesellschaft, Deutsche Krebshilfe & AWMF (2017) Leitlinienprogramm Onkologie: Prävention, Diagnostik, Therapie und Nachsorge des Lungenkarzinoms. In: Deutsche Krebsgesellschaft, Deutsche Krebshilfe & AWMF. http://leitlinienprogramm-onkologie.de/Lungenkarzinom.98.0.html; Letzter Abruf: 04.05.2021

Tumorzentrum, M. (2017) Tumoren der Lunge und des Mediastinums. Manual – Empfehlungen zur Diagnostik, Therapie und Nachsorge. In: Tumorzentrum München.

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